Ich bin gelernter Krankenpfleger und arbeite schon einigen Jahre im Gesundheitswesen, mittlerweile in einer Position, die mir einen weiteren Blick auf das Geschehen ermöglicht. Den Blick auf meine eigene Arbeit als Krankenpfleger und warum ich dies und jenes machen soll, ja angeblich muss, oder verlangt wird. Vieles ist durchaus nachvollziehbar, aber doch auch absolut fragwürdig und zum Teil stösst man an seine Grenzen dabei. Einiges versteht man, obschon man weiss, das es an der Qualität der Arbeit erst einmal gar nichts ändert.
Mittlerweile dürfte auch vielen Aussenstehenden klar sein, das dieser Beruf einiges an Anforderungen mit sich bringt. Es gibt die körperliche, daneben aber auch die geistige und zusätzlich die seelische Herausforderung.
Alles unter einen Hut zu bekommen, gleichberechtigt und ohne sich selbst zu überfordern, das schafft kaum einer von uns. Die Meisten gehen früher oder später den einen oder anderen Kompromiss ein, und in der Regel zu den eigenen Lasten. Mal ganz ab von der Bezahlung. Die trotz gelegentlicher, kleiner Verbesserung, weit unter dem liegt, was Pflegekräfte verdient hätten.
Aber wir tun es ja aus Liebe, mit Herz und sozialem Gewissen. Gar Nächstenliebe.
Ja, das Bundesgesundheitsministerium ist gar der Meinung, wir hätten uns zu weit davon entfernt und wirbt mit einem neuen Film/ Klipp für mehr Pflege mit Herz und möchte das Finanzielle in den Hintergrund schieben.
Bei allen Fehlern, die die Krankenpflegeeinrichtungen und ambulanten Versorgern im Preiskampf gemacht haben... Dieser Klipp ist ein Hohn und eigentlich ein einziger Witz, aber auch zugleich eine Herabwertung der aktiv tätigen Pflegekräfte. Er suggeriert, das alles entspannt zugehen würde, das es keine überfüllten Häuser gibt, das man nur mit Herz und Liebe arbeitet und Geld keine Rolle spielt.
Für unserein ist fast schon nicht verwunderlich, das der Film nur Azubis zeigt und keine ausgelernten Pflegekräfte, egal ob Hilfskräfte oder Fachkräfte.
Ja, die Pflege braucht mehr ausgelernte, nervenstarke und gute, wie Teamfähige, Verantwortungsbewusste und energiegeladene Pflegekräfte.
Dank Misswirtschaft fehlen uns diese bereits jetzt massiv, was die Arbeit wenig erleichtert. Der Anteil von Pflegekräften aus dem Ausland ist schon seit Jahren stetig ansteigend und das nicht, weil es keine fähigen Leute gibt, sondern, weil die Bedingungen sich zunehmend verschlechtert haben.
Es wird mehr verlangt, in kürzerer Zeit, mit weniger Personal, denen man teilweise weniger Anerkennung entgegenbringt als vorher. Leider auch von Seiten der Ärzte.
Auch in der Politik des Gesundheitssystems wird von Bürokratieabbau gesprochen, ja stets versprochen. Leider geht es, wie in fast allen anderen Berufen, seit Jahren den anderen Weg. Immer mehr Regeln, immer explizitere Ausführungen, immer mehr Bedingungen, immer mehr Nachweise sollen, müssen erbracht werden.
In meiner Position versuche ich soweit ich kann zu vermitteln und zu erklären woher welche Regel kommt und warum wir dieses oder jenes brauchen, oder machen müssen. Denn die liebe Bürokratie beschäftigt nicht nur, sie bringt Geld und Jobs, wenn auch kaum in der Pflege selbst, schon gar nicht taugt sie immer zur Verbesserung.
Gelegentlich gibt es tatsächliche Verbesserungen, aber sie brauchen Zeit, Geduld und viel Verständnis. Die Herausforderung liegt dann hier oft darin, das Personal, davon zu überzeugen, es offen dafür zu halten und dem Glauben treu zu bleiben, trotz vieler gegenteiliger Empfindungen, dass es das tatsächlich noch gibt.
Selbstverständlich liegt es mir am Herzen, und nicht nur mir, den "Papierkram" zu verringern und der Anspruch bleibt hoch, denn leider bringen uns viele der auferlegten Regeln zum Gegenteiligen. Zwar gibt es Erfolge, wie Konzepte ein zu kürzen, unnütze Verfahrensanweisungen zu streichen, aber diese Erfolge versinken was im tiefen Irgendwo, da genug Ersatz nachkommt.
Nun hat die Gesundheitsreform anfangs vieles verbessert, zeigt jetzt aber mittlerweile ihr wahres und sehr unschönes und vor allem unsoziales Gesicht. Statt hier wirklich zu verbessern, wird Neues auferlegt... unter Anderem Kontrollen, mittlerweile jährliche, von allen Kontrollgremien die es so gibt zurzeit und sich für uns verantwortlich fühlen.
Das reicht aber offensichtlich noch nicht, diese Gremien bringen Regeln auf, gerne sogenannte wissenschaftlich fundierte, die natürlich klar und einfach umsetzbar sind. Die Realität spricht da eine andere Sprache, auch wenn man noch so eifrig und fleissig ist.
Dem aber ist nicht genug, soll der Mensch von den Pflegern verplant werden, ganz wie eine Maschine. Das macht vielen Pflegekräften sehr zu schaffen, denn es geht hier ja eigentlich um Menschen, Hilfebedürftige mit eigener Biografie.
Also planen wir was das Zeugt hält, versuchen soweit es geht, das auch umzusetzen und nun möchten die Gremien eine Plausibilitätsprüfung machen. Da bin ich ja schon froh, das einige von den Standards etwas mehr den Realitätserfahrungen angeglichen wurden.
Aber es mutet schon wie ein Witz an, erst fast unrealisierbares auf dem Weg zu geben, mitsamt entsprechender (schlechter) Vorraussetzung und dann zu verlangen, es soll alles realistisch sein.
Jetzt doch der gesunde Menschenverstand?
Es währe zu wünschen, macht es aber gleichzeitig zu einer weiteren Herausforderung, denn schon jetzt müssen die werten Kollegen lernen- zurzeit im Schnelltempo nicht nur Neues, sie lernen und lernen und werden nie fertig, müssen Gelerntes verlernen und Neues anwenden, können sich kaum darauf verlassen, das gestern gesagtes morgen noch gültig ist.
Da höre ich gerade die Stimmen, die ach soviel Hochachtung vor diesem Beruf haben und den Menschen die diesen ausführen. Aber wo seid ihr, wenn wir Euch brauchen? Wo ist Eure Stimme, wenn es um echte Verbesserung geht? Wir suchen nach ihr und finden sie doch nicht.
Nun hat die Arbeit nicht den besten Ruf und selbst der Ruf der Einrichtungen ist eher schlecht als gut, trotz aller Bemühungen. Tatsache ist doch, die Presse schreibt vor allem Negativschlagzeilen über uns und das Gesundheitsministerium verkauft seine Politik als positiv und für den Bürger gemacht.
Was Wunder, wenn man jetzt ein Gremium plant und bereits dabei ist dieses einzusetzen, das Folter kontrollieren soll. Da ja soviel Gewalt in Gefängnissen, bei Polizei und eben auch in Heimen vorkommt, will man das jetzt überprüfen, Kontrollen durchführen.
Geht's noch?
Noch schlechter wird damit das Image der Arbeit der Pfleger, vor allem aber werden sie nun öffentlich unter Generalverdacht gestellt; sie seien -Gewalttätig-.
Sicher, es gibt unrühmliche Beispiele und ja, es gibt die Einzelfälle, aber das Personal ist mittlerweile sosehr sensibilisiert für dieses Thema, das es dem nun wirklich nicht bedurft hätte.
Ab davon, das man damit erst recht nicht Rentner das LEBEN IM HEIM schmackhaft macht.
Ich versuche trotz allem meine Kollegen nicht nur zu achten, sondern auch zu unterstützen, aufzumuntern und bei Bedarf zur Seite zu stehen, auch wenn ich es gerne öfter tun würde, als mir die Zeit dazu bleibt, denn ich bin unter Anderem damit beschäftigt, sicherzustellen, dass die Vorgaben der Gremien eingehalten werden, damit meine Kollegen möglichst einen freien Rücken haben, wissen was sie tun dürfen und können und ihren Job behalten können, und nicht zuletzt damit sich mein Chef es leisten kann sie zu bezahlen und weiterzubilden, auszubilden und Anerkennung geben zu können.
Ja, auch ich schätze Ihre Arbeit sehr und habe eine Hochachtung, bin mir aber im Klaren, das dies eben alleine nicht ausreicht. Drum hoffe ich sehr das ich es immer wieder auf vielerlei Wegen bewerkstelligen kann, meinen Kollegen das Gefühl zu geben, sie tun das Richtige, können vertrauen und lassen sich auch auf das Geduldig sein ein.
Die Zukunft wird uns weiterhin auf hohem Niveau Herausforderungen geben, die es zu meistern gilt und es wird viel Kraft kosten, alles zu meistern, aber ich glaube, das wir eine Chance haben.
LOVE & LIGHT
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