Heute mal ein weiteres Thema, das ich aus meiner Arbeit bestens kenne.
Demenz und auch Alzheimer. Beides sind herausfordernde Zustände, jedoch nicht das Gleiche oder Selbe. Unter dem Begriff der Demenz verbirgt sich eine Anzahl von Erkrankungen des Gehirns, die alle die Gemeinsamkeit haben, das es sich um Verluste der Speicherfähigkeit von Informationen betrifft. Dies kann einzelne Bereiche des Gehirns betreffen oder mehrere.
So können Betroffene sich vielleicht Zahlen nicht mehr merken, oder eine Fremdsprache nicht mehr abrufen. Es kann aber auch sein, das vergessen wurde, wie man sich bewegen, oder essen soll. Während beim Allzheimer ein stetiger und allmählicher Abbau aller Bereiche vorzufinden ist. Alzheimer ist dadurch gekennzeichnet, sich nur in eine Richtung zu entwickeln. In die des Vergessens.
Bei der Demenz ist kaum vorherzusagen, wie sich diese entwickelt. So kann sich der Zustand stetig verschlechtern, aber auch wieder für kurze Zeit verbessern. Es kann allmählich ein Abbau stattfinden oder es findet nur einmal einer statt und dann verbleibt die Person auf dem Niveau. Sowohl für Betroffene als auch Angehörige ist diese Realität oftmals schwer zu meistern. Denjenigen den es trifft kann es aus der Bahn werfen, sprichwörtlich. Ein Teil verschweigt es vor sich selber, bis es nicht mehr geht. Viele Kompensieren ihre Verluste sehr geschickt und sehr lange. Manche verändern sich im Wesen teils zu sehr unsympathischen Typen. Manch einer wird gar aggressiv, weil er nicht fassen kann was er meint zu wissen. Bedenkt man das viele sehr wohl mitbekommen, das ihr Gehirn nicht mehr tut was es bisher konnte. Es gibt auch viele die es nicht merken oder merken wollen und bis zum eisernen Ende beteuern, das sie geistig fit sind. Nun wird meist erst einmal mit Medizin reagiert und die Diagnose gestellt, mal mehr mal weniger feinfühlig. Oft landen, ja man muss es so nennen, die Betroffenen im Heim. Viele Heime sind personell nicht wirklich darauf ausgelegt und vor allem viele Pflegekräfte vergessen womit sie es zu tun haben, aber auch viele Angehörigen überschätzen ihr Können und die Kraft die es kostet, einen Betroffenen alleine zu betreuen daheim.
Oftmals ist es einfacher als man denkt aber warum ist es überhaupt so schwer, der ganze Umgang?
Hier setze ich mal eine provokative Behauptung an.
Nicht der Begriff der Demenz ist problematisch oder das jemand die Diagnose Alzheimer bekommt- wo wir bis heute nur einen Bruchteil der Ursachen kennen- nein, ich sehe es in der Tatsache, das alle Formen der kognitiven, also der geistigen Einschränkung in diesem Bereich als Erkrankungen angesehen werden. Ich denke, statt diese Menschen als Krank anzusehen, was zum aggieren führt, sollte man es als einen Prozess betrachten, der einem Abschiednehmen gleicht, was zum begleiten führt. Die Menschen nehmen bewusst, gewollt oder unbewusst Abschied vom Leben, so wie es war. Das ist ein Lernprozess. Betrachten wir es als Anghörige und Pflegepersonal auch aus dieser Perspektive, so lernen wir leichter damit umzugehen und nehmen auch bewusster Abschied. Ein langer Abschied zuweilen, aber eine wunderbare Chance.
Sehen wir es von dieser Warte aus an, hören wir auf zu aggieren und reagieren statt dessen auf den Menschen und seiner Situation. Wir holen ihn dann dort ab, wo er gerade steht, anstatt ihn zu therapieren und an seinen eigentlichen Bedürfnissen vorbei zu gehen.
Das ist nämlich, was immer und immer wieder passiert.
Das ist was soviel Kraft kostet, diesen kranken Menschen zu behandeln, wo es nichts zu behandeln gibt. Ja, ich bin mir bewusst, das es Medikamente gibt, die den Prozess hinauszögern können, wenn man sie sehr, sehr früh einsetzt. Ja, es sind auch junge Menschen betroffen, wo man bis heute nicht wirklich weiss, warum.
Jedoch kann ich sagen, das viele im Alter nicht von ungefähr in das Vergessen geraten. Nicht nur unsere Ernährung und Lebensweise sorgt für diese Entwicklung, sondern auch, wen wir im Alter um uns herum haben. Wer alleine lebt, dem fehlt das geistige Austauschprogramm und wer im Heim mit klarem Kopf hineinkommt, wandern dennoch fast immer im Vergessen hinaus. Das kann aber nicht wirklich verwundern, wenn man seinen letzten Lebensabschnitt an einem Ort verbringen muss, das niemals ein Heim sein wird.
Darum, sehen wir es als Abschied nehmen vom Leben, können wir den Menschen die Freiheit lassen so zu sein, wie sie sind und es gibt Projekte und Demenzhäuser, die genau das machen. Auf den Menschen reagieren, wann auch immer, wie auch immer und wo auch immer er steht. Dann ist die Pflege einfacher, der Umgang leichter und auch daheim würde man aufhören immer Angst zu haben und statt wie ein Hubschrauber über allem zu kreisen, dem Leben vertrauen und zum Beispiel die Mama eben drausen tanzen lassen wie ihr grade ist. Denn diese Betroffenen werden sehr häufig zu Kindern und bei denen reagieren wir auch statt zu aggieren, zu bestimmen oder nur zu fordern und zu verbieten. Am glücklichsten sind doch alle, wenn man einfach schaut, wo man steht. Kurzum, wenn wir aufhören Demenz in all ihren Formen und Alzheimer als blose Erkrankung zu sehen und statt dessen es mehr als einen Schritt im Prozess des Lebens, des Abschiedes nehmen, dann glaube ich, wird der Umgang miteinander wieder menschenwürdiger werden, denn die Menschenwürde steht auch diesen Menschen zu.
Nicht zu vergessen das die Wahrnehmung als Krankheit oft den Menschen scheinbar die Freiheit gibt die Betroffenen ständig zu mahnen, ihnen Vorschriften zu machen, zu erklären was sie dürfen und was nicht, denn sie seien zwar krank, aber hätten sich doch gefälligst an die gesellschaftlichen Konventionen und Regeln zu halten. Gerade aber das können oder wollen diese aber nicht. Es wird den Betroffen damit die Vollwertigkeit als Mensch genommen. Krank ist gleich unvollständig und hat kein Recht auf eigene Meinung und Lebensgestaltung.
Deswegen plädiere ich für das Umdenken und sage, es ist ein Teil des Lebensprozesses im Rahmen des Abschieds vom Leben selbst.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen