Montag, 29. Dezember 2014

Oskar und die Spuren im Schnee- eine kleine Abenteuergeschichte


Oskar und die Spuren im Schnee


Mama schimpfte schon wieder und rief die Treppe hinauf, dass er sich beeilen solle. Wie so oft konnte sich Oskar nicht entscheiden, was er anziehen wollte und musste es denn überhaupt unbedingt jetzt gleich sein. Sein Kopf war voll mit viel Wichtigerem. Er musste den Tag planen. Musste darüber nachdenken, ob Melanie aus der Nachbarklasse wirklich mit Paul ein Eis gegessen hatte und ob Volker wirklich schon ein neues Fahrrad hatte. Alle hatten schon ein neues Fahrrad, außer ihm.
Mama wusste natürlich das mit =Alle= immer die gleichen vier Freunde gemeint waren, von denen Oskar sprach. Volker, Paul, Erwin und Jan. Sie alle gingen gemeinsam in die gleiche Klasse.
Gerade zehn Jahre alt geworden durfte Oskar nun endlich zu seinem Onkel in die Ferien reisen. Der wohnte ganz weit weg. Dazu musste Oskar sogar fliegen. Das erste Mal fliegen! Er liebte Flugzeuge, war aber noch nie in einem drinnen gewesen.
Oskar wusste, sein Onkel lebt im Norden. Also über der Ostsee. Das hatte er auf der Karte, die an der roten Wand in seinem Zimmer hing, gesehen.

Natürlich war es die Aufregung, die ihn so lange bummeln lies, obschon der Rucksack gepackt war, die Kleidung am Tag zuvor gemeinsam herausgesucht und Oskar rechtzeitig am Morgen geweckt wurde. Dennoch konnte er nicht umhin, sich die Zeit mit Anderem vertreiben zu müssen. Das war keine böse Absicht, aber er wusste doch, dass er Ärger bekommen würde, wenn er den Bogen zu weit überspannte.

Seine Mutter rief abermals von unten und diesmal klang sie sehr danach, als wenn es die letzte Warnung sein würde, bevor es kracht. Also zog Oskar seine blaue Hose an, nahm seinen Rucksack und ging zur Treppe. Diese schritt er dann bedächtig langsam und darauf bedacht so zu tun, als wenn alles in Ordnung war, herunter.
Unten angekommen wartete schon der Rest der Familie ungeduldig auf ihn.

Nichts wie schnell die Jacke und Schuhe anziehen!

Die Autofahrt zum Flughafen dauerte nur eine halbe Stunde, aber Oskar war schrecklich ungeduldig. Er zappelte  und konnte einfach nicht still sitzen und seine Mutter hatte bereits nach fünf Minuten Fahrt aufgeben ihn zu ermahnen, doch endlich still zu sitzen bis sie da waren.
Papa fuhr wie immer schnell und zügig die Straßen entlang und warf gelegentlich einen strengen Blick in den Rückspiegel, den Oskar sehr wohl wahrnahm, aber beschlossen hatte zu ignorieren. Er konnte einfach nicht anders und musste ein wenig seiner Aufregung freien Lauf lassen.
Endlich Ferien. Endlich mal richtig weit verreisen. Endlich mal alleine reisen. Endlich sehen, wo Onkel Sven lebte und von wo er seine Geschenke mitbrachte.
Oskar stellte sich nämlich bereits seit Tagen lebhaft vor wie alles aussah.
Er hatte ja schon alle Pipi Langstrumpf Bücher gelesen und *Die Kinder von Bullerbrü* kannte er auch auswendig.
Oskar dachte an viele bunte Holzhäuser und ganz viel Wald. Ganz viel Natur, mit ganz vielen Tieren.  Vielleicht wird er auch einen Elch sehen oder reiten wie Pipi.

Am Flughafen angekommen war es sehr voll. So viele Menschen kannte Oskar nur vom Bahnhof und wenn er Silvester am Brandenburger Tor gewesen war. Er musste aufpassen Papa und Mama nicht aus den Augen zu verlieren. Oskar fand nämlich, er war alt genug alleine zu gehen und außerdem war es uncool von seinen Eltern an der Hand gehalten zu werden. Schliesslich war er kein kleiner Junge mehr.
Insgeheim währe es aber Oskar ganz recht gewesen, wenn Papa ihn gehalten hätte oder gar getragen.
Während Mama nach dem Flugzeug für Oskar Ausschau hielt, trug Papa seinen Rucksack und telefonierte zeitgleich mit seinem Handy. Papa hatte immer viel zu tun. Er war ein wichtiger Mann und sehr beliebt. Aber er musste immer so lange arbeiten. Das fand Oskar manches Mal schade, freute sich aber umso mehr, wenn Papa dann Zeit für ihn hatte. Denn wenn Papa Zeit hatte, dann war es richtig toll. Sie waren dann Piraten, Abenteurer oder Gangster.
Mama machte sich natürlich sorgen, das Oskar nicht zum Onkel finden könnte, so ganz alleine reisend. Deswegen bestand sie auch darauf, das er eine Begleitung am Flughafen bekommen sollte, wenn er zum Flugzeug musste. Denn Mama und Papa durften nicht bis ganz an das Flugzeug. Aber wie immer machte sich Mama zu viele Sorgen. Eine nette Flugbegleiterin nahm Oskar in Empfang und würde ihm helfen zur anderen Seite vom Flughafen zu gelangen. Dorthin wo alle warten, bevor sie in das Flugzeug einsteigen durften.
Papa gab Oskar seinen Rucksack, umarmte ihn und mahnte ihn gut auf sich aufzupassen. Mama lächelte tapfer und erinnerte ihn zum tausend Male sich ordentlich zu benehmen. Er solle ihr ja keine Schande beim Onkel bereiten. Oskar lächelte und versprach sein Bestes zu geben, drehte sich um, verdrehte kurz seine Augen und folgte der Flugbegleiterin.
Er bekam nicht mit wie Mama und Papa hinter der Glasscheibe standen, winkten und seinen kleinen Schritten in eine neue Welt folgten.
Oskar aber war bereits gedanklich dabei, sich an seinem Fensterplatz bequem zu machen und überlegte, wie es sein würde zu fliegen.

Schon kurz nach dem Start wusste Oskar, Fliegen ist das Allerbeste. Wie die Stadt immer kleiner wurde unter ihm, ganz als wenn alles zu Spielzeug würde und nun diese Wolken, die wie ein Märchenland aus Zuckerwatte aussahen. Darüber schien die Sonne in unendlicher Weite. Und alles war in der Ferne irgendwie auch ein wenig gebogen. Warum wusste Oskar nicht, aber das würde er ja seinen Onkel fragen können.
Fliegen war wie auf Wasser fahren. Nein, Fliegen war eher wie Auto fahren, nur ohne Kurven und ständiges Vibrieren der Räder. Nein, Fliegen war einfach nicht wirklich zu beschreiben. Man musste es erleben!
Papa hatte ihm Tags zuvor noch gesagt, dass es manchmal ganz schön wacklig sein kann im Flugzeug. Das läge dann an den Luftlöchern, aber diese seien alle ungefährlich. Oskar muss da keine Angst haben, wenn das passiert.
Er soll nur den ganzen Flug über angeschnallt bleiben, außer  wenn er mal auf Toilette muss.

Eine Stunde später hatte Oskar wieder festen Boden unter den Füssen und Onkel Sven wartete schon mit offenen Armen auf ihn.
Seinen Rucksack hatte er allerdings vergessen. Oskar wollte natürlich sofort suchen gehen, aber sein Onkel hielt ihn fest und versprach sie werden sich gemeinsam darum kümmern. Keiner sucht an einem fremden Ort alleine.
Die nette Flugbegleiterin, die Oskar bereits kannte, hatte bereits geahnt, dass Oskar nicht an sein Gepäck denken würde und brachte dieses dann zu Oskar und seinem Onkel.
Nun waren die Ferien wieder gerettet.

Auf der Fahrt in die Stadt entschuldigte sich sein Onkel, das es noch nicht geschneit hatte bisher. Oskar musste vorerst mit dem Ergebnis vom Regen der letzten Tage vorlieb nehmen. Immerhin war endlich wieder Sonne. Ob Oskar daran schuld sei? Oskar bejahte selbstverständlich, dann schaute er aus dem Fenster und sah viele Bäume an sich vorbei ziehen, grüne und braune Felder auftauchen und rote, gelbe, weise und blaue Häuser in der Landschaft stehen. Dazwischen gab es grosse Felsensteine in verschiedenen Grautönen.
Bald sah Oskar die ersten Lichter der Stadt und er bemerkte, dass es schon dunkel wurde. Aber es war doch erst halb vier! Oskar wundert sich laut, wie das sein kann und sein Onkel erzählt ihm, das im Norden die Sonne später auf geht und früher unter geht im Winter. Dafür ist sie im Sommer viel länger da. Viel länger als bei Oskar zu Hause. Sie ist sogar zeitweise fast den ganzen Tag lang da.
-Geht denn dann keiner in’s Bett?- fragt Oskar seinen Onkel, worauf dieser lachend antwortet, dass sehr wohl alle wie immer in das Bett gehen würden. Sie müssten nur eben dunkle Gardienen vor dem Fenster haben.

Drei Tage war Oskar nun schon bei seinem Onkel, der mitten in der Stadt, auf einem Berg, in einer Häuserzeile wohnte. Sie hatte einen tollen Ausblick über die anderen Häusern, konnten den Kanal und die grossen Schiffe darauf sehen, sowie die grossen Brücken.
Dabei war es als ob sie in einem dieser Hochhäuser wohnen würden, jedoch wohnte Onkel Sven in der dritten Etage. Oskar hatte das kleine Gästezimmer bekommen, gleich neben dem Bad.
Drei Tage sind lang. Vor allem wenn es fast nur regnet und man nicht so viel draußen machen kann. Oskar war also schon im zwei Museen mit Onkel Sven und seinem Freund Peter. Sie waren auch schon richtig schwedisch essen gewesen. Ganz wie Mama das versprochen hatte. Aber es war alles ein wenig salzig oder ganz schön süß.
Süß mochte Oskar.
Lakritze mochte er nicht, aber das Gebäck, was sie ihm kauften. Oskar durfte dazu sogar Kaffee trinken, obwohl das zu Hause verboten war. Aber nach ein paar Schlucken verzichtet er darauf. Es schmeckte widerlich.
Oskar musste natürlich immer wieder danach die Zähne putzen. Sie schienen hier alle noch mehr Wert darauf zu legen als zu Hause.
Das war nervig!
Oskar war auch schon mit beiden Onkels im Vergnügungspark. Aber viel konnten sie nicht machen. Es war ja Winter. Im Sommer musste er unbedingt wieder kommen, meinte Peter. Dann ist es wahnsinnig toll hier. Besser als es Pipi Langstrumpf in ihrem Haus je hatte.

Der dritte Tag also.
Immerhin, die Sonne war am Himmel und es war elf Grad warm. Also wollten Onkel Sven und Peter mit Oskar in den Botanischen Garten gehen.
Oskar war wenig begeistert. Schon wieder laufen. Und jetzt auch noch Pflanzen anschauen. Im Winter. Das konnte nur langweilig werden!

Beim Heruntergehen der Haustreppe fragt Oskar warum eigentlich die Treppe rund sei. Onkel Peter antwortet Oskar dann, dass es so üblich in der Stadt währe.
Warum fragt Oskar, denn er kennt diese Art der Treppen nicht von zu Hause.
Onkel Sven erzählt darauf hin, dass es nicht nur Platz, sondern auch Geld spart und daher hatte man sich vor langem entschieden, diese so zu bauen. Er meinte aber auch, dass die Treppen beim Umziehen durchaus Probleme bereiten. Das konnte Oskar sich wieder sehr gut vorstellen. War ja alles recht eng bei diesen Wendeltreppen.
Oskar hatte aber eigentlich noch eine andere Frage auf den Lippen, beließ es dann aber. Er wollte nicht, dass sie ihn für einen kleinen, dummen Jungen hielten. Oskar war nämlich der Eindruck entstanden, dass sich Bilder, die auf den Treppenwänden gemalt waren, bewegten.
Da gab es ein Bild mit einem Baum und einem Busch vor einem Feld. Oskar hatte sich sicher geglaubt, die Bewegung der Äste, seien eine Täuschung gewesen. Dann gab es aber ein Bild mit drei Segelschiffen, wo er plötzlich Bewegungen der Segel und der Wellen sah. Aber sie schienen doch auch wieder nicht da gewesen zu sein, denn wenn Oskar ein zweites Mal hinschaute, waren es nur unbewegliche Bilder. Ein anderes Bild schien eine japanische Landschaft zu haben mit einem Kirschbaum in der Mitte. Dieses Bild hatte sich soeben zum ersten Mal bewegt. Es schien als wenn der Kirschbaum Oskar folgte.
Oskar hatte sicher zu viel Süßes gegessen. Er war sich sicher, als sie alle vor dem Auto von Onkel Sven standen, das er die letzte Packung Gummibärchen in der Nacht besser hätte nicht essen sollen.  Sie war ja eigentlich auch als Proviant für den Tag gedacht.

Im Botanischen Garten war es viel grüner als Oskar erwartet hatte und gar nicht so langweilig. Onkel Peter erklärte im Wechsel mit Onkel Sven welche Pflanzen Oskar vor sich hatte und woher sie kamen. Dabei gingen sie bergauf und bergab. Immer mit der Sonne an ihrer Seite. Sie gingen an einem Wasserfall vorbei und an einem Uhu aus Stein, einem Waldvogel. Der schien aber kein glückliches Gesicht zu machen.
Oskar bemerkte schnell, dass sie nicht die Einzigen im Park waren. Er sah viele Familien mit Kindern spazieren.
Oskar wollte aber nicht nur spazieren, er wollte auch spielen und so stellte er sich zwischen seinen Onkel und dessen Freund und schwupps hängte er in der Luft, da beide Onkels ihn bei der Hand nahmen und in die Luft schwenkten.
Oskar kann fliegen! Oskar kann fliegen! Und noch einmal.
Dann sah Oskar diesen grossen Brunnen vor sich auftauchen. Der hatte die Form einer Tulpenblüte. Oskar rannte hin, hielt jedoch einige Meter kurz vorher inne, da er Vögel aus dem Brunnen trinken sah. Plötzlich schaute ein Vogel ihn direkt an. Erst still, dann sprach es.
Oskar traute seinen Ohren nicht! Was hatte es gesagt? Nein das konnte nicht sein! Vögel zwitschern, aber sie sprechen doch nicht! Das wusste Oskar genau und doch, sprach dieser Vogel, dieses kleine Etwas zu ihm und widerholte geduldig seine Worte.
-Komm’ folge mir und du wirst dein Abenteuer des Lebens erleben!-
Wie sollte Oskar einem Vogel folgen? Einem sprechendem noch dazu!
Er schaute sich schnell um, ob noch jemand etwas mitbekommen hatte, aber es schien keiner das Gespräch zwischen Oskar und dem Vogelwesen bemerkt zu haben. Onkel Peter und Sven sassen auf der Bank vor dem Kaffeehaus, welches gleich neben den Blumenbeeten stand und winkten ihm fröhlich zu. Dann wendeten sie sich ihren Kaffeetassen zu und schienen im Gespräch versunken.
Als sich Oskar sicher war, das niemand etwas mitbekommen hatte, schaute er wieder zum Brunnen und hoffte für einen Augenblick, dass er sich alles nur eingebildet hatte. Aber nein, da sass dieser Vogel und erwartete allen Ernsten eine Antwort von ihm. Es schien fast so, als wenn der kleine Vogel, übrigens er nannte sich Fräulein Schneider von und zu Schnabel, immer ungeduldiger wurde.

Was sollte Oskar schon darauf antworten? Aber ehe er die Gelegenheit dazu hatte, sah er sich gezwungen, dem kleinen Vogel zu folgen. Fräulein Schneider von und zu Schnabel flog geradewegs hinter den grossen Baum, der rechst von Oskar stand und so etwas wie eine weise Pflanzengirlande um seinen Stamm hatte.
Selbstverständlich hatte Oskar die Wahl stehen zu bleiben, aber seine Neugierde war doch zu groß und außerdem dachte er sich, bis zum Baum konnte er ja gehen und auch noch ein wenig weiter weg. So lange er den Weg zurück finden konnte, war alles kein Problem.
Also folgte Oskar dem braun, gelb gestreiftem Vogel hinterher und stand dann unvermittelt hinter dem Baum vor einer Frauenstatue. Der sonderbare Vogel sass auf ihrem Haupt und schien ihm zu verstehen zu gehen, dass er an diese Figur heran gehen sollte. Da Oskar schon oft in Parks Figuren und Statuen von Menschen gesehen hatte, konnte er sich nicht vorstellen, warum er dies tun sollte, aber er ging zu ihr.
Nichts Auffälliges schien Oskar erkennen zu können. Sie war von einem Blätterdach vor dem Regen geschützt und sichtlich reglos stand sie mit halb erhobenen Armen auf der Wiese.
Doch dann sah Oskar ihre Lippen sich bewegen und zugleich hörte er sie sprechen.
Oskar schüttelte seinen Kopf, weil er dachte, er hätte sich dies eingebildet, aber sie sprach weiter.
-Oskar, reich mir deine Hand und du gelangst in mein Land!-
Welche Hand sollte er reichen und von welchem Land sprach sie? Zugleich ging seine rechte Hand auf sie zu und umfasste die ihre.

Hoppla, was war denn das?! Rücklings lag er auf dem Boden und wunderte sich was gerade geschehen war. Um ihn herum ganz andere Bäume und ein strahlend blauer Himmel, der sich zu bewölken schien. Dies ging so schnell, das Oskar sich fragte, ob der Himmel nicht schon die ganze Zeit bewölkt war.
Beim Aufstehen sah Oskar einen kleinen See vor sich.
Wo war er? Fräulein Schneider von und zu Schnabel sah er auf einem Baumstumpf sitzen und mit ihrem Schwanz wippen. Sie schien nervös.
-Beeile Dich Oskar, wir haben nicht viel Zeit!-

-Komm’ schnell, hier lang!-

-Oskar, sie ist gleich hier!-
Schon wieder sprach sie in Rätsel und dann dieses sich beeilen müssen. Kannte er das nicht von woanders?! Er schien nicht begeistert, aber Oskar ging lieber auf Nummer sicher und folgte schnell dem Fräuleinwunder in den Wald hinein, um dann in einem großem Bogen wieder zum See zu gelangen, wo er über eine kleine Brücke aus ineinander geflochtenen Weidenästen ging, um zum Schluss vor einem Haus aus Laub stehen zu bleiben.
Es war ein kleines Haus aus buntem Laub. Nicht viel grösser als Oskar selber. Es schien wie ein Zelt, doch war es etwas runder an den Seiten und es war sehr windschief. Eigentlich erwartete Oskar, das es jeden Moment zusammenfiel, aber es stand da, als wenn es aus Stein wäre und das obwohl der Wind merklich an Stärke zunahm. Das wiederum brachte Oskar aus seinen Gedanken um das Haus und der Frage näher, ob er nicht herausfinden sollte, wer darin wohnte oder ob er lieber zurück in den Wald gehen sollte, denn wenn der Wind zum Sturm wurde, war es hier vor dem Hause schlecht stehen bleiben. Da nicht nur der Wind zum Sturm wurde, sondern auch der Tag zur Nacht, schaute Oskar, wo er eine Tür finden konnte, denn bisher konnte er derlei nicht entdecken. Oskar ging um die Hütte herum und suchte nach einer Öffnung.
In dem Moment, als es mit aller Wucht anfängt zu regnen, öffnet sich wie durch eine fremde Hand, genau da wo er stand, das Haus und schnell schritt er hinein. 
Gerade noch konnte Oskar beim Umdrehen sehen, wie sich die Öffnung hinter ihm schloss. 
Vom Regen und Sturm konnte Oskar nichts mehr hören, jedoch das Brasseln des Feuer und das Flackern von Flammen aus einem Kamin.

-Da ist also endlich unser Menschenkind.-
Oskar schaut sich um, sieht neben dem Kamin eine Eule sitzen, gleich der, die er im Botanischen Garten in Stein gemeißelt gesehen hatte. Nur hier lächelte sie ihn an.

-Ihr Menschenkinder habt kein Vertrauen mehr in uns.-
Oskar wusste nicht was er darauf antworten sollte.
-Schon lange warten wir auf einen von Euch, um uns zu helfen.-
Wobei sollte Oskar ihnen helfen? Sichtlich verwundert schaute Oskar sich um, da er glaubte noch jemanden Anderes im Raum zu hören und ja, da war neben dem kleinem Vogel, der auf einem ganz kleinem Stuhl sass, auch ein Biber in einem Sessel und eine rot gestreifte Katze auf dem runden Tisch neben dem Kamin. Sie alle schienen sowohl Oskar zu beobachten, als auch der Eule zuzuhören und ihr summend zuzustimmen.
-Du musst wissen, der Sturm da draußen ist von einer unglücklichen Fee verursacht. Jeden Tag seit vielen Jahren schon wütet sie einmal am Tag durch das ganze Land und jeder der sich nicht versteckt, den nimmt sie gefangen und sperrt ihn in ihren Keller. Sie mag keine glücklichen Wesen.-
-Aber warum mag sie denn keine glücklichen .. was war das?-
-Wesen, Oskar. Sie glaubt, das alle Kinder nur das Eine wollen und das ist etwas Anderes als sie möchte.-
-Was will sie denn?- Oskar konnte sich nicht vorstellen, was eine Fee so wütend gemacht haben könnte.
-Sie glaubt, ihr Menschenkinder als auch unsere Kinder wollen nur noch Geld, Geld und noch mehr Geld.-
-Aber warum denn?-
-Weil ihr seit Jahren nicht mehr zu uns kommt.-

Nach einer Weile der Stille fragt Oskar: -Aber jetzt bin ich doch da. Wieso ist sie dann noch immer so wütend?-
-Weil sie glaubt, dass du genauso bist wie alle Anderen.-
-Welche Anderen?-
-Die Menschenkinder die zuletzt kamen.-
-Wollten die alle wirklich nur Geld?- wundert sich Oskar und konnte sich nicht vorstellen, warum.
-Ja.-

Wieder schwiegen sie alle eine Weile. Dann setzte sich Oskar auf den Stuhl der vor ihm stand und überlegte lange nach, was er fragen sollte. Schliesslich war das alles sehr bizarr, was er hier erlebte und er musste sich heimlich am Oberschenkel kneifen, um sicher zu gehen, das er nicht träumte.
-Du muss uns helfen, damit der Herbst hier endlich wieder in den Winter übergehen und der Kreislauf der Jahreszeiten von vorne beginnen kann.-
Das war der Biber, der mit einer tiefen Stimme zu ihm sprach. Schnell, aber deutlich waren seine Worte zu vernehmen.
-Ja, wir haben bald kein Futter mehr und die Zwiebeln der Tulpen beginnen schon in der Erde zu verfaulen.-
Diesmal sprach die Katze, während sie sich reckte und streckte und erneut hinsetzte und dabei ihre Vorderpfoten unter den Kopf legte.
-Wie? Ihr habt seit Jahren Herbst?-
Alle nickten.
-Aber was soll ich denn dagegen machen? Ich bin doch bloß durch Zufall hier und weiss doch gar nichts über die böse Fee!-
-Nicht böse Fee, nur unglücklich und deswegen wütend.- berichtigte ihn die Eule ruhig.

Das wollte Oskar nicht in den Kopf gehen. Wer von Anderen die Sachen kaputt machte war doch der Böse. Man war gut, wenn man alles ganz lies und böse, wenn man zerstörte. Aber Eule, Katze, Biber und Vogel erklärten ihm fast gleichzeitig, ja eigentlich alle zusammen, das man nicht unbedingt böse sein muss, um Dinge zu tun, die Anderen Schaden oder einen selbst. Hatte nicht auch er, Oskar sich nicht einmal von der Wut oder seinem Ärger verleiten lassen, etwas kaputt zu machen, gegen die Wand zu werfen oder laut zu schreien? Ja, das hatte Oskar. Schon öfter mal, aber das war doch nicht das selbe! Doch so war es, beteuerten sie ihm und so musste Oskar zugeben, das er deswegen vielleicht nicht der gute Junge war, der er meinte zu sein, aber böse war er doch auch nicht, oder?
Sie beruhigten ihn.
Keinesfalls war er es, aber das galt eben auch für die Fee und so sprachen die Tiere zu Oskar mit ernster Miene.
-Deswegen musst du zur Fee gehen, aber erst, wenn sie schläft. Dann kannst du zu ihrem Garten der Träume und dem Haus der Wünsche. Dort findest du die Kinder im Keller. Zumindest ist es das, was die Fee uns immer erzählt hatte, als sie wieder einmal eines der armen Opfer einsperrte. Doch sicher sind wir uns nicht.-

Das Oskar besser nicht im Sturme los ging, leuchtete ihm ein, aber wie sollte er zu ihr gelangen und was sollte er dort tun?

Der Weg war nicht das Problem, wie sich schnell heraus stellte, da Katze und Biber ihn gut kannten, aber was er zu tun hatte, wenn er da war, das musste Oskar selber herausfinden, wenn er vor Ort war. Keiner wusste, was ihn bei der Fee erwartete.
Nicht gerade sehr ermutigend, aber was blieb Oskar anderes übrig? Wollte er helfen, dann ging das nur so, aber wenn er gar nicht wollte?

Ja, er durfte natürlich gehen, aber dann würde er die Welt die er betrat dem Chaos überlassen.
So lange hatten sie schon gewartet.
Jetzt war es die letzte Chance, dass ihre Welt gerettet werden konnte.
Wie konnte da Oskar mit reinem Gewissen gehen.

So schritt Oskar, nachdem der Sturm endlich weiter gezogen war, durch den unbekannten Wald. Vor ihm der Biber, der zwischen den Bäumen herum sprang und über ihm die Katze, die es vorzog, von Baum zu Baum zu wandern.
Der Himmel strahlend blau, als wenn nichts gewesen währe, doch am Boden sah man die Verwüstungen die ein starker Sturm hinterlässt.

Nach Stunden, so schien es Oskar, hielten Biber und Katze an und deuteten auf einen Baum mit ganz ungewöhnlicher Rinde. Sie war nicht glatt. Sie ging in Streifen von oben nach unten. Sie schimmerte braun, grau, grün und schien zu atmen.
-Da wären wir!- sprach der Biber.

Oskar schaute sich suchend nach dem Garten der Fee um, sah aber nur den Baum inmitten einer Wiese stehen.
-Das soll das Reich der Fee sein?- fragte Oskar und zeigte auf den Baum.
Katze und Biber rollten mit den Augen, ganz so als wenn sie ein Kind vor sich hätten, das einfach nichts begreifen wollte, egal wie oft man ihm alles erklärte.
-Nein, natürlich nicht! Das ist nur das Tor! Geh’ hin und fass an. Nimm ein Stück Rinde.- sagte die Katze und verschwand ohne sich zu verabschieden wieder in den Wald.
Oskar schaute fragend zum Biber. Der aber konnte nur die Schultern anheben und meinte:- Mach’ einfach was die Katze sagt- und verschwand dann auch, ganz wie die Katze einfach in den Wald.

Da stand nun Oskar alleine, mitten in einem Wald den er nicht kannte, aus einer Welt, die er nie zuvor betreten.
Seufzend ging Oskar zum Baum. Er ging um ihn herum und beschloss dann die Rinde anzufassen. Nichts geschah.
Musste er wirklich ein Stück Rinde abreißen? Oskar ging noch einmal um den Baum herum, um sicher zu gehen, dass er nicht etwas übersehen hatte. Dann nahm er ganz vorsichtig ein ganz kleines Stück Rinde vom Baum. Nichts geschah.
Musste er mehr nehmen? Warten?
Oskar nahm ein größeres Stück Rinde und hörte ganz leise ein Summen. Doch nichts weiter geschah. Also nahm Oskar allen Mut zusammen und nahm ein großes Stück Rinde vom Baum und sofort schwoll das Summen zu einem lautem Singen an und ihm war als wenn er in den Baum gezogen wurde. Und schon stand er inmitten einem Garten voll von duftenden Blumen, Sträuchern und Bäumen. Hinter ihm ein Holzzaun und dann die weiten Feldern und Hügeln, wie Berge am Horizont. Schaute Oskar geradeaus konnte er am Ende seines Pfades ein gelbes Haus sehen. Aber eigentlich sah das eher nach einem Schloss aus Holz aus. Obwohl, es sah sehr nach der Villa Kunterbunt von Pipi Langstrumpf aus. Aber mehr wie ein Schloss. Und viel gelber.
Vom Hause her kam ein Schnarchen. Sollte das die Fee sein oder eher ein Ungeheuer? Oskar ging mit leisen Schritten den schmalen und vielfach gewundenen Pfad entlang, bis er vor der blauen, recht schiefen Tür stand. Das Schnarchen war jetzt sehr laut und deutlich zu vernehmen und kam aus dem dritten Stockwerk, da wo das Fenster offen stand.
Was nun? Klingeln war zu riskant und Tiere schienen hier nicht zu sein. Wie aber kam er dann hinein? Der Pfad selbst endete an der Tür.
Einer Eingebung folgend, ging Oskar rechts an der Hauswand entlang, bis zur Hausecke und schaute vorsichtig über sie hinaus. Dort sah er ein Steinhäuschen. Grau und tief in die Erde gebuddelt, denn nur das Dach und die sieben Schornsteine schauten heraus.
Sind dort die Kinder eingesperrt, von denen der Uhu sprach? Oskar ging zum Steinhaus und umkreiste es vorsichtig einmal. Wo war der Eingang? Keine Tür war zu sehen.
Oskar schaute sich um und suchte nach etwas, was wie ein Hebel aussehen könnte. Doch nichts dergleichen war zu finden. Dann suchte er nach einem Deckel auf dem Boden. Doch auch hier hatte er kein Glück.
Wie seltsam, dachte Oskar. Die Schornsteine waren doch viel zu schmal, als das man da hindurch kam.
Noch immer konnte Oskar das laute Schnarchen vernehmen und fragte sich, wie lange es anhalten würde.
Würde er es schaffen die Kinder befreien zu können, bevor sie wach wurde?
Oskar setzte sich in das Gras und begann fieberhaft zu grübeln. Er konnte nämlich die Rufe der Kinder hören. Erst sehr leise, dann immer lauter werden, aber nie zu laut.
So sass er vor dem Steinhaus mit den sieben Schornsteinen und dem gelben Schloss dahinter im Blick. Sein Blick wanderte immer wieder hin und her, auf der Suche nach etwas, das er anwenden konnte. Aber nichts schien geeignet und keiner war da, den er um Rat fragen konnte.
Wie schön währe es jetzt ein Eis mit Onkel Sven zu essen, oder mit Papa einen Schneemann zu bauen.
Schneemann. Dazu brauchte man Schnee. Die Tiere haben gesagt, es gab schon lange keinen Schnee mehr. Keine Schneemänner seit Jahren. Und alles weil die Fee wütend war. Das war so ungerecht!

Während er in Gedanken an Schnee versunken war, traf sein Blick eine Kiste. Eine flache Kiste mit Moos oben drauf und da war noch was. Waren das da etwa Äpfel?
Es waren Äpfel. Ja klar doch, es war ja Herbst! Die Zeit der Apfelernte. Oskar ging hin, denn auf einmal wurde ihm bewusst, das er Hunger hatte und erst wollte er sich eigentlich einen Apfel nehmen, doch dann hielt er inne. Was wenn ein Apfel vergiftet war? Was wenn es eine Falle war? Oskar schaute sich sofort hektisch um, doch alles schien ganz genauso wie vorher. Selbst das Schnarchen verharrte im gleichen Klang und Rhythmus.
Was, so dachte Oskar sich plötzlich, wenn die Äpfel der Zugang zum Steinhaus sind?
Auf einmal schienen sie gar nicht mehr so zufällig da zu liegen. Auch sah Oskar nun, dass Kirschen dazwischen lagen. Aber welcher Apfel war es nun, der einen hinein ließ? Sie waren rot, gelb und grün. Woran sah er, welcher es war?
Oskar du bist ein kluger Junge hörte er seine Mutter in seinem Kopf sagen. Oskar, geh einen Schritt zurück und betrachte alles noch einmal. Oskar erinnere dich daran was Oma gesagt hat. Wenn du einmal nicht weiter weist, dann dreh dich drei Mal im Kreis, schaue genau hin und schaue dich um, dann kommt die Lösung zu dir rum.
Oskar ging vorsichtig einen Schritt zurück, überlegte ob er nach rechts oder links drehen sollte, beschloss aber, dass es egal war und machte drei Umdrehungen. Ein wenig schwindlig im Kopf blieb er stehen. Leicht doppelt sah er nun die Äpfel und Kirchen und als er seinen Blick nach rechts und links wendete, um wieder scharf sehen zu können, erkannte er, dass alle Äpfel so lagen, wie Baum und Haus und Schloss und Tor. Die Kirchen schienen wie die Sträucher zu liegen. Das hieß, der gelbe Apfel war das Schloss und der grüne, kleine, schon schrumpelig gewordene Apfel war das Steinhaus. Was aber sollte er nun mit diesem machen? Drehen, schieben, aufheben? Wieder hörte er Stimmen zu ihm sprechen und sie forderten ihn auf zum Anfassen und Nehmen.
Moment, war das nicht die Stimme von der Katze?!
Sind Apfel und Baum das Gleiche?

Oskar zuckte die Schulter, nahm den Apfel und wartete.

Leise begann es zu vibrieren unter seinen Füssen. Der Boden weitet sich und das Steinhaus gleitet empor. Leise, so leise, das man fast nichts vernahm. Oskar horchte angestrengt nach dem Schnarchen.
Es war unverändert.
Dann stand das Haus still. Oskar schaute zur Tür und darüber war ein Schild. Darauf stand, sage ich will und du kommst herein, geschrieben. Oskar glücklich das er in Lesen in der Schule eine Eins hatte, musste nicht lange überlegen und sagte: -Ich will!- Dann ging er zur Tür, drückte die Türklinke leise herunter und so öffnete sich die Tür lautlos.
Pochenden Herzens ging er hinein. Keine Rufe von Kindern waren zu hören. Während er weiter  hinein ging, achtete er darauf, dass die Haustür immer offen war. Vorsichtshalber hatte er einen Stuhl an die Tür gelehnt, aber er traute dem Glück nicht so recht.
Sie mussten im Keller sein die Kinder, da ja der Uhu davon sprach.
Doch als Oskar die Kellertür aufmacht, sieht er statt des Kellers eine weite Schneelandschaft. Erst geblendet von der Helligkeit, nimmt Oskar schnell Konturen wahr. Er sah den Horizont, die Bäume und in der Ferne sieben Häuser. Sieben kleine Steinhäuser. In welchen aber waren nun die Kinder?
Oskar konnte keinen Weg finden, keinen Steg oder eine Brücke. Keine Straße und auch keinen Fluss der zu ihnen führte.
Angestrengt schaute er in die Ferne, doch er sah keinen Unterschied in den Häusern. Sogar der Rauch der aus den Schornsteinen kam, hatte die gleiche Form.
Bekümmert schaut er auf seine Füße und war unschlüssig, wie er nun weiter machen sollte.
Kein Wind, kein Rauschen, kein Laut der einem helfen konnte. Kein Tier, kein... Moment Tiere! Tiere kann man im Schnee sehen!
Letzten Winter hatte sein Opa ihm Spuren im Schnee gezeigt. Sofort schaute Oskar sich um und da, links, ein paar Meter von ihm entfernt sah er tatsächlich Spuren im Schnee.
Sie waren klein, aber er erkannte schnell, dass es sich um einen Vierbeiner handelte. Ein Tier das auf vier Beinen lief. Oskar ging näher an sie heran und begab sich in die Hocke. Sie kamen ihm bekannt vor. Von welchem Tier stammten sie noch einmal? Wieder grübelte Oskar fieberhaft nach.
Wenn er noch öfter so intensiv grübeln musste, würde er bestimmt bald Kopfweh bekommen.
Es war der Fuchs! Es musste der Fuchs gewesen sein, der da entlang gelaufen war und so wie es schien, führten die Spuren zu einem Haus. Oskar schnell wie er war, rannte sofort los, immer die Spuren im Blick. Und dann, völlig außer Atmen stand er vor dem Haus, das die Nummer Drei hatte.
Eine goldene Drei, so groß wie sein Kopf.
Jetzt konnte Oskar wieder Kinderstimmen hören.
Und abermals stand er vor einer Tür, die zu öffnen war. Sie war sicher verriegelt. Da war sich Oskar vollkommen sicher. Dennoch versuchte er den Tür-Knauf aufzudrehen und ganz entgegen seinen eigenen Erwartungen, öffnete sich diese.
Sofort wurde es still. Oskar hätte den Samen der Pusteblumen fliegen hören können.
Vor ihm sieben Kinder, allesamt erstaunt, wer da vor ihnen stand.
Sie hatten alle sehr unterschiedliche Kleidungstücke an, ganz so als, wenn sie aus verschiedenen Zeiten kamen. Was auch der Fall war, aber das nahm Oskar in dem Moment nicht wahr.
Ihm war es stattdessen unangenehm so angestarrt zu werden.
Schliesslich, weil keiner etwas sagte, zuckte Oskar mit den Schultern und meinte: -Wer will, kann mir folgen. Ich kenne den Weg nach Hause.-

Acht Kinder stapften leise durch den Schnee. Folgten einander, stets darauf acht gebend, ob auch niemand sie sah.
Standen vor der offenen Kellertür und gingen hinein in den Hausflur.
Standen ängstlich um sich schauend vor dem gelben Schloss, wo das Schnarchen noch immer nicht nachgelassen hatte.
Standen vor dem Tore, von wo Oskar zu ihnen hinein kam.
Doch das Tor war zu.

Würde es reichen es zu öffnen und hindurch zu gehen und die Kinder waren bei Biber, Uhu und Katze? Oskar hatte ihnen bereits leise von ihnen erzählt.
Plötzlich verstummte das Schnarchen. Oskar ahnte, es eilte.
Schnell öffnete er das Tor, das laut quietschte und alle fast zu Tode erschreckte. Oskar mahnte alle schnell hindurch zu gehen, aber keiner wagte einen Schritt zu tun. Starr vor Angst standen sie da und Oskar hätte sich die Haare raufen können. Schliesslich schrie er nur: -Los!- und schon rannten sie durch das Tor und verschwanden aus dem Feenlande.
Nur Oskar, der schaffte es nicht mehr, denn gerade als er auch gehen will, ist das Tor wieder zu.  
Sofort drehte sich Oskar zum gelben Schloss und dort vor der Tür stand sie. Die Fee.

Oskar setzte ein Lächeln auf, was leicht einer Grimasse ähnelte, doch die Fee sah nur einen kleinen Jungen am Tore stehen der sie anlächelte.
Wie unverschämt. Was machte das Kind da?!
Nun, sie beschloss das Lächeln zu erwidern und ging auf ihn zu.  Oskar dachte derweil wieder einmal fieberhaft nach, was er sagen sollte.
Das blau, weise Gewand der Fee flatterte sanft, als sie vor ihm stand.
Oskar bemüht nicht allzu ängstlich zu wirken, lächelte tapfer und wartete, was sie zu sagen hatte.
-Guten Tag kleiner Mann, was verschafft mir die Ehre und Freude eures Besuches?-
-Oh, ich, also, ich war spazieren und, ähem, bin dann ein wenig vom Weg abgekommen und da ich Hunger hatte und nicht weiss, wie ich nach Hause komme, dachte ich, ich klopfe mal an ihre Tür.-
Hätte die Fee geahnt wie heiß es Oskar gerade unter all seiner Kleidung war, sie hätte wohl anders reagiert.
-Nun da bist du ja genau richtig bei mir! Wonach ist dir denn? Wie du siehst habe ich einen Garten voller Früchte.- und sie zeigte mit einer ausladenden Armbewegung hinter sich, wo Oskar nun statt der vielen Blumen, Fruchtbäume und Sträucher sah.
-Haben sie denn auch Äpfel?- fragte Oskar und hätte sich gleichzeitig auf die Zunge beißen können, hoffte zugleich aber, sie würde keinen Verdacht schöpfen.
-Oh junger Mann, da haben sie aber Glück. Gleich hinter meinem Haus, da habe ich ein paar frisch geerntete Äpfel.-

Mit wackligen Knien folgte Oskar der Fee, die eher am Boden entlang zu schweben schien als zu gehen.
Hinter ihrem gelben Schloss angekommen, das sich irgendwie in seiner Form verändert hatte und nun eher wie eine kleine Burg aussah, standen sie nun vor der Kiste mit dem Moss und den Äpfeln.
Das Steinhaus, wieder im Boden, als wenn es sich nie erhoben hätte, war hinter ihnen.
-Bevor du einen Apfel nimmst, wisse, ein jeder Apfel ist mehr als ein Apfel.-
Oskar nickte nur und sah sie fragend an, nur um nicht den Eindruck zu vermitteln, er wüsste wovon sie sprach.
-Beißt du in einen Apfel, so gibt er dir nicht nur sein süßes Fruchtfleisch, sondern auch etwas Anderes.-
-Was denn?- fragt Oskar und war neugierig, was sie sagen würde. Er rechnete mit Gift und dergleichen doch sie erzählte von einem Apfel, der ihm Geld gab, soviel er wollte, einem Apfel, der ihm Gold gab, so viel er wollte und dann einem der ihm Ruhm gab so lange er lebte und da war auch ein Apfel der ihn und alle seine Verwandten reich machte; so reich, das sie nie des Hungers würden leiden müssen. Jeder Apfel schien ihm Wohlstand zu bringen nur der letzte, der gelbe Apfel, der gab ihm lediglich Glück.
Und Glhrte sie zutiefst und in gutes HFee sehr wohl ein gutes herz hatte.rer gab.. Ein Kind das teilen will. Sein Gl nur reich werden,ück war genau das was Oskar brauchte.
-Ich hätte gerne den gelben Apfel.-
Die Fee, die sich Isabella nannte, nahm den Apfel und gab sie ihm, sichtbar in der Erwartung, der Junge wollte nur reich werden, doch dann hielt Oskar inne, bevor er vom Apfel abbeißen wollte. Ihm kam in Erinnerung, das sie ja wütend war und würde sie es nicht auch weiterhin sein, wenn er einfach sein Glück nahm? Was wenn er den Apfel mit ihr teilte?
-Möchtest du nicht mit mir den Apfel teilen? Alleine esse ich so ungern. Und außerdem sagt Mama, dass das unhöflich ist.-
Die Fee hielt augenblicklich inne, ungläubig was sie da gerade gehört hatte. Ein Kind das teilen will. Genauer, sein Glück teilen will.
Sie schaute Oskar lange und verwundert an. Der stand derweil mit dem Apfel in der Hand und lächelte und schaute sie auf das Süßeste an. So gut er nur konnte. Für gewöhnlich funktionierte das bei seiner Verwandtschaft, wenn es Ärger gab.
Hier nun zeigte sich das unsere Fee sehr wohl ein gutes Herz hatte.
Dieser Blick rührte sie zutiefst und sie konnte sich eine klitzekleine Träne nicht verkneifen.
So sollte es denn sein. Der Apfel wird geteilt.

Lange sassen sie beide anschließend nebeneinander und lauschten dem Wind. Der sang ein Lied vom Leben in der Ferne wo alle glücklich waren.

Doch dann räusperte sich Oskar und fragte die Fee, ob er sie etwas fragen dürfte.
-Was ist mit den Kindern in deinem Haus?-
-Welchen Kindern?- Die Fee konnte sich nicht entsinnen, wovon er sprach.
–Die Kinder, die im Keller im Steinhaus sind.-
-Welchem Steinhaus?-
Oskar verstand auf einmal, dass die Fee in ihrer Wut vollkommen vergessen hatte, dass sie die Kinder eingesperrt hatte. Es war schon so lange her, dass sie diese eingefangen hatte, weswegen keines der Kinder Kleidung aus Oskars Zeit hatte.
Oskar nickte und stand dann auf. Lächelte und meinte, es währe dann Zeit für ihn zu gehen. Die Fee schaute zu hm herauf und als sie aufstehen wollte, reichte Oskar ihr seine Hand zur Hilfe.
Sofort verschwand ihr der Gedanke, dass sie ihn eigentlich gerne bei sich behalten hätte und doch war sie auf einmal unendlich traurig.
Oskar sah dies und fragte, was sie bekümmerte. Da erzählte sie, das sie seit Jahren keine Freunde hätte und so alleine war.
-Vielleicht, weil du zu lange in deiner Welt gelebt hast?- antwortet ihr Oskar.
-Vielleicht solltest du einfach hinaus gehen, deine schönen Äpfel mitnehmen und sie verteilen.–
-Aber keiner mag mich da draußen!- antwortet die Fee.
-Wie währe es, wenn ich dir meine Freunde vorstelle!-
Die Idee gefiel ihr, aber sie war sich nicht sicher, denn immer wenn sie durch das Tor ging fühlte sie sich verärgert.
Oskar aber war sich sicher, sie würde diesmal glücklich bleiben. Sie hatten doch beide vom Apfel des Glücks gegessen.
Das stimmte und so gingen sie gemeinsam zum Tor und gelangten auf die andere Seite, wo der Uhu mit einem Lächeln auf sie wartete und die Fee willkommen hieß.
Was wurde sie glücklich!
Und so fing es zum ersten Mal seit Jahren an zu schneien.
Endlich war der Winter da und ein tiefes und erleichtertes Seufzen ging durch den Wald. Alle gefangenen Wesen waren auf einmal befreit und das ohne das es die Fee bemerkte, noch konnte sie sich je danach erinnern, das sie diese  eingefangen hatte.
Oskar dachte nun wieder an Schneemänner und dann an seine Familie. An Mama und Papa, seinen kleinen Bruder und an Oma und Opa und an die andere Oma und den anderen Opa. Er dachte an Onkel Steffen mit Tante Klara und dann schliesslich an Onkel Sven mit Peter.
Er wollte nach Hause. Wieder bei seinen Onkeln sein und einfach nur eine Tasse heiße Schokolade trinken, die bei ihnen immer am Besten schmeckte.

Die Fee jetzt in bunten Farben gekleidet schwebte zu Oskar.
-Kluger Junge. Du hast die Kinder wieder nach Hause gebracht. Ich danke dir! Und ich sehe, du willst nicht bei uns bleiben, drum zeige ich dir, wo du den Weg finden kannst. Siehst du den Stein dort drüben, unter dem bunten Laubendach?! Geh dorthin, steige hinauf und rutsch herunter.-

Ein letztes Mal schaute Oskar sich um, dann ging er zu dem grossen Stein, kletterte hinauf und setzte sich hin. Wehmut und ein wenig Traurigkeit überkam ihn; ahnend, dass er sie alle nicht wieder sehen wird. Dann schloss er die Augen und als er sie wieder öffnet, war er neben dem grossen Baum, mit der weißen Blättergirlande gelandet. 

Wie lange er wohl weg war?
Der Himmel war noch hell, doch es war bewölkt.
Oskar stand auf, ging zu dem Brunnen in Tulpenform und schaute hinüber zum Kaffeehaus.
Dort waren seine Onkels und winkten ihm zu, als sie gerade aufstanden und wie auf ein Zauberwort, fing es an zu schneien.
Es schneite dicke, fette Flocken, dicht an dicht auf sein Gesicht.

Endlich kam der erste Schnee in Schweden in diesem Jahr.

Licht & Liebe

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